Dokumenttyp: Abschlussarbeit/Doktorarbeit/Habilitationsschrift
Art der Abschlussarbeit: Dissertation
Titel: Orientierung und Nutzersteuerung in der Virtuellen Realität am Beispiel 'Hamburg: Neue Burg VR'
Autor*in: Deggim, Simon 
Erscheinungsdatum: 5-Nov-2024
Freie Schlagwörter: Virtuelle Realität; Orientierung; Nutzersteuerung; Wissenschaftskommunikation; Virtuelles Museum; 3D-Rekonstruktion; Stadtgeschichte
Zusammenfassung: 
Die Technologie der Virtuellen Realität (VR) hat in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt und findet inzwischen Anwendung in einigen Marktsegmenten wie der Unterhaltungsbranche, für Trainingssimulationen oder für Planungsprozesse. Auch im Bereich der Wissenschaftskommunikation ist ein Zuwachs an Anwendungen zu beobachten, die auf VR als Medium setzen. Für Museen hat sich die Unterkategorie des Virtuellen Museums (VM) für die Digitalisierung des Ausstellungserlebnisses etabliert. Das Alleinstellungsmerkmal der VR ist die Immersion und das daraus entstehende Präsenzgefühl innerhalb einer virtuellen Umgebung. Diesem Effekt wird ein hohes Potential zugeschrieben, allerdings ist dieses Potential in der Regel hinter einer gewissen Lernkurve versteckt. Viele Anwendungen beschränken sich daher auf spezielle Lösungen, die umfangreiche Interaktionen der Nutzenden vermeiden oder die Anwesenheit von Begleitpersonal erforderlich machen. Auf der anderen Seite existieren im Unterhaltungs- und Trainingsbereich viele Anwendungen, die entweder Vorerfahrung oder Einarbeitung erfordern. Die Lücke dazwischen ist noch weitgehend unerschlossen.

In dieser Arbeit werden daher zwei Kernthemen zur Untersuchung identifiziert, die zur Schließung dieser Lücke besonders relevant sind: Orientierung und Nutzersteuerung. Die Orientierung in VR unterscheidet sich mitunter grundlegend von Bildschirmanwendungen und aufgrund technischer oder räumlicher Limitationen auch von der Realität. Die Wegfindung und die Bildung einer kognitiven Karte sind aber unerlässlich, um offene virtuelle Welten erforschen zu können. Damit zusammenhängend bedarf es einer intuitiven Bedienung, um die Lernkurve abzuflachen und VR für eine breite Zielgruppe ohne Vorerfahrung und in einem zeitlich begrenzten Kontext für Bildungsanwendungen zugänglich zu machen.

Im ersten Teil dieser Arbeit werden im Rahmen zweier Studien mehrere Hilfsmittel zur Orientierung hinsichtlich ihrer Effizienz untersucht, Erwartungen an VR ausgewertet und das Nutzenden- und Orientierungsverhalten analysiert. Die Ergebnisse legen die Notwendigkeit nahe, die Hilfsmittel je nach Kontext spezifisch anzupassen. Während zur Wegfindung vor allem eine Navigationsline hilfreich ist, wird die Wahrnehmung der Umgebung vor allem durch Hilfsmittel mit exozentrischer Weltsicht unterstützt. Die Beliebtheit der Hilfsmittel – ein wichtiger Faktor beim Design von VR-Anwendungen allgemein – korrespondiert dabei nur teilweise mit der Effizienz. Zudem konnten unterschiedliche Strategien zur Orientierung in VR beobachtet werden.

Im zweiten und anwendungsbasierten Teil wird die Entwicklung des VR-Programms 'Hamburg: Neue Burg VR' beschrieben, das auf Basis dieser Erkenntnisse konzipiert wurde. Dabei handelt es sich um eine interaktive, ca. halbstündige VR-Erkundungstour durch die Rekonstruktion der Neuen Burg in Hamburg vor 1000 Jahren. Mit einer vom Archäologischen Museum Hamburg (AMH) zur Verfügung gestellten Datengrundlage wurde ein Teil des historischen Hamburgs detailliert modelliert und texturiert. 22 Stationen bieten dem Prinzip der Gamification folgend spielerische Möglichkeiten, die Geschichte der Burg und die Stadtentwicklung Hamburgs nachzuvollziehen. Das Programm ist sowohl zum Einsatz im Museum als auch als eigenständige VR-Erfahrung gedacht und ist weltweit zum kostenlosen Download verfügbar.

Weitere, für die Entwicklung von musealen VR-Anwendungen relevante und in dieser Arbeit diskutierte Aspekte sind der Umgang mit ungesicherten historischen Daten, der Einfluss der Fortbewegung auf die Orientierung, besondere Anforderungen bestimmter Zielgruppen, mögliche Anwendungsszenarien und insbesondere die Eignung von 3D-Geodaten für (VR-)Echtzeit-Visualisierungen.

Virtual reality (VR) technology has made great progress in recent years and is already in use in some market segments such as the entertainment industry, for training simulations or planning processes. An increase in applications that rely on VR as a medium can also be observed in the field of science communication. For museums, the sub-category of the virtual museum (VM) has established itself for the digitalisation of the exhibition experience.

The unique feature of VR is immersion and the resulting feeling of presence within a virtual environment. A high potential is attributed to this effect, but this potential is usually hidden behind a large learning curve. Many applications are therefore limited to special solutions that avoid extensive user interaction or require the presence of accompanying personnel. On the other hand, there are many applications in the entertainment and training sector that require either prior experience or training. The gap in between is still largely unexplored.

In this thesis, two core topics for further investigation are identified that are particularly relevant to closing this gap: orientation and usability. Orientation in VR differs fundamentally from screen applications and, due to technical or spatial limitations, also from reality. However, pathfinding and the creation of a cognitive map are essential in order to be able to explore open virtual worlds. Furthermore, intuitive usability is required in order to flatten the learning curve and make VR accessible to a broad target group without previous experience and in a time-limited context for educational applications.

In the first part of this thesis, several orientation tools are examined with regard to their efficiency, expectations of VR are evaluated and user and orientation behaviour are analysed. For this purpose, two studies were designed and conducted. The results suggest the need to specifically adapt the aid depending on the context. While a navigation line is particularly helpful for pathfinding, the perception of the environment is primarily supported by aids with an exozentric world view. The popularity of the aids - an important factor in the design of VR applications in general - only partially corresponds to their efficiency. In addition, different strategies for orientation in VR were observed.

The second and practical part describes the development of the VR program 'Hamburg: Neue Burg VR', which was designed on the basis of these findings. It is an interactive, approximately half-hour VR exploration tour through the virtually reconstructed Neue Burg (New Castle) in Hamburg 1000 years ago. Using data provided by the Archaeological Museum Hamburg (AMH), a part of historical Hamburg was modelled and textured in detail. Following the principle of gamification, 22 stations offer playful opportunities to understand the history of the castle and Hamburg's urban development. The program is intended both for use in the museum and as a stand-alone VR experience and is available for free download worldwide.

Other aspects relevant to the development of museum VR applications are discussed. Among them are the handling of vague historical source data, the influence of locomotion on orientation, special requirements of certain target groups, possible application scenarios and, in particular, the suitability of 3D geodata for (VR) real-time visualisations.
Sachgruppe (DDC): 006.8: Erweiterte und virtuelle Realität
HCU-Fachgebiet / Studiengang: Geodäsie und Geoinformatik 
Akademische Betreuer*in: Kersten, Thomas 
Zweitbetreuer*in: Edler, Dennis
DOI (Zitierlink): 10.34712/142.63
URN (Zitierlink): urn:nbn:de:gbv:1373-repos-13682
Direktlink: https://repos.hcu-hamburg.de/handle/hcu/1070
Sprache: Deutsch
Creative-Commons-Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
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